Fassadengestaltung

Zur Fassadengestaltung durch Michael Fanta

An dem 1786 erbauten Haus wurde in den 1950er Jahren die ursprüngliche im josephinischem Plattenstil ausgeführte Fassade abgeschlagen und noch später die alten Grazer Stöcke mit Balkenläden durch einfache Kunststofffenster ersetzt. Da aus alten Fotos das ursprüngliche Aussehen noch bekannt war, wurde die Fassadengliederung im Erdgeschoss als, auf die aktuellen Geschäftsfronten Rücksicht nehmende, Teilrekonstruktion wiederhergestellt. Das Farbkonzept in zwei kräftigen warmen Rottönen, welches das Gebäude nunmehr hof- und straßenseitig prägt, entspricht hingegen nicht historischen Befunden (Beige-, Grau- und Gelbtöne), sondern ist eine aktuelle Zutat. Mit der künstlerischen Gestaltung der nunmehr glatten straßenseitigen Fassade im 1. und im 2. Stock wurde hingegen bewusst ein sehr junger Künstler beauftragt. Ein sehr altes und reizvolles Viertel von Graz soll somit einerseits erhalten, gleichzeitig soll aber auch Offenheit für aktuelle Kunst demonstriert werden.

Für die Gestaltung der Fassade haben sich fünf junge Grazer Künstler mit Fotos realisierter Arbeiten, Biografien und Entwürfen beworben. Entschieden hat sich die Eigentümerin für Michael Fanta, weil sein Ansatz der künstlerischste war und über die Ansätze der lokalen Sprayerszene hinausging. Die Umsetzung durch den 22-jährigen aus Graz stammenden Fanta mit matter Dispersionsfarben und glänzenden Lackdosen erfolgte nun von 10.–24. Sept. 2011. Seit dem Tag einer Nehmung zweier Dosen der Marke Duplicolor (dunkelgrün und schwarz) aus dem BE-Saal des Bundesgymnasiums in der Lichtenfelsgasse ist Fanta seit mittlerweile acht Jahren auf Wänden sprühend aktiv und erhält zunehmend diesbezügliche Aufträge. Seit 2008 lebt er in Wien und studiert in der Klasse für Erweiterten Malerischen Raum bei Prof. Daniel Richter an der Akademie der Bildenden Künste. Auf Leinwand arbeitet er zur Zeit an prozessual-experimenteller Malerei (mehrschichtige Episodenmalerei, Wolfgang Pangratz), weitere Einflüsse auf sein Schaffen übten Mads Westrup, Alexander Kluge, e.d. gfrerer oder Sun Ra aus. Ein kürzlich entstandenes Bild kann man an der Fassade des Hauses Kaiser-Franz- Josef- Kai 66 besichtigen, sowie im Josef-Huber Park in Graz.

Im Unterschied zu ästhetischen Designlösungen oder zeitgeistigen Sprayerarbeiten, wurde hier der ungewöhnliche Weg beschritten, eine Hausfassade mit künstlerischem Anspruch zu gestalten. Und Kunst darf und soll vielleicht auch sperrig, ungeschmeidig und widerständig sein, prozessorientiert und roh. Gerade auch heute wieder.

Die teils klar strukturierten, teils verwaschenen und verschwommen Zonen und die prozesshaft unfertige, teilweise rohe Wirkung fordern heraus, wenn sie den geschützten Galerieraum verlassen und einen Platz im öffentlichen Raum zugewiesen bekommen. Das ist gut so. Hier ist alles eine Baustelle, die Werkstatt der Restauratorinnen, das alte Haus, der Straßenzug. Aber ist nicht jedes zu Tode restaurierte, steril perfekte Haus, möglicherweise noch mit Styroporplatten beklebt, um ein vielfaches furchtbarer, als ein beschädigtes, eines mit ablesbaren Bauschäden und spontanen Eingriffen der Nutzer?

Erika Thümmel ist das Erhalten von hochwertigem Kulturgut, aber auch von minderen Zeugnissen menschlichen Wirkens als historische Zeugnisse und wissenschaftliche Primärquellen ein wichtiges Anliegen. Gleichzeitig sollte unser aktuelles Schaffen aber in die Zukunft weisen und keine verlogenen Abbilder der Vergangenheit schaffen, sondern Zeugnisse der Gegenwart sein. Auch sperrige und in ihrer Widersprüchlichkeit verhaftete.