Shopgestaltung Caritas Paulinum

Jahr
2013/2014
Ort
Grabenstraße, Graz
Auftraggeber
Caritas der Diözese Graz-Seckau unter der konzeptionellen Leitung von Edith Pfeifer und Katharina Hofmann-Sewera
Auftrag
Shopgstaltung
Team
Stefanie Schöffmann, Lookdesign: Leitsystem, Beschilderung; Karl Stocker: Konzeptentwicklung; Seppo Gründler: Konzeptentwicklung, Mediale Bespielung; Max Gansberger: Stencils „Hände“ und Wandgestaltung; Herms Fritz: Slogan „Schön dass du mich verstehst“

Paulinum:
Headquarter und Flagship Store einer katholischen Hilfsorganisation

Vorweg: Die Caritas der Diözese Graz-Seckau ist die bedeutendste soziale Hilfsorganisation der Steiermark. Die von der katholischen Kirche getragene, 90 Jahre alte Institution, hilft Menschen in Not und engagiert sich im Bereich Flüchtlingsbetreuung, Armutsbekämpfung, Gesundheit, Bildung, Entwicklungspolitik und der gerechteren Verteilung von Lebenschancen. Im Jahr 2013 hatte sie 1542 MitarbeiterInnen, leitete 120 Projekte, nahm 72,4 Mio. Euro an Spendengeldern ein und betreute, begleitete, unterstützte oder schulte 73.000 Personen (Homepage Caritas).

Da die kontinuierlich gewachsene Organisation auf zahlreiche gemietete Gebäude in Graz verteilt war, entwickelte sich die Idee mehr Bereiche auf weniger Gebäude zu konzentrierten und auf kircheneigene Grundstücke bzw. Gebäude zurückzugreifen. So ein Prozess dauert natürlich Jahre und ist begleitet von vielen Überlegungen. Während meist erst in der letzten Phase der Umsetzung DesignerInnen beigezogen werden, wurde in diesem Fall auf Anregung der Zuständigen für Kommunikation und Fundraising, Katharina Hofmann-Sewera, bereits 2010 d. h. zwei Jahre vor Beginn der Bauarbeiten, ein interdisziplinäres Team beauftragt, um sich Gedanken über die Anmutungsqualität und die inhaltliche Positionierung eines zukünftigen „Headquarters“ zu machen. Das Team bestand aus Karl Stocker, Historiker und Studiengangsleiter für Informations- und Ausstellungsdesign, Seppo Gründler, Musiker und Studiengangsleiter für Medien- und Interaktionsdesign, Ed Hauswirt, Theaterleiter und -regisseur und mir als Ausstellungsdesignerin. Es war eine Annäherung an die Frage: Was wird benötigt? D. h. die Suche nach gestalterische Antworten auf Fragen die nicht gestellt wurden. Und die zentrale Herausforderung des spannenden gestalterischen Prozesses war, Vieles, manchmal auch Widersprüchliches unter einen Hut zu bringen.

Was sich bereits in dieser frühen Phase vor Durchführung des Architektenwettbewerbes herauskristallisierte war, dass dies ein Ort der Begegnung sein soll und dass dazu auch ein Reuse Shop der Caritas (Carla), möglicherweise auch ein Concept Store dort untergebracht werden sollen. Nicht alle aber doch sehr viele Ideen haben sich im Laufe der Folgejahre weiterentwickelt und wurden schlussendlich umgesetzt. Eröffnet wurde im Frühsommer 2014, an laufenden Adaptierungen und Erweiterungen wird bis jetzt gearbeitet. Die Umsetzung des Projektes d. h. die Gestaltung des „Flagship“ Stores, des Cafés, der Begegnungszonen im Foyer, sowie des Leit- und Orientierungssystems in diesem, wie auch in anderen Häusern der Caritas, erfolgten anschließend in den Jahren 2012­−2014 durch Erika Thümmel und ihr Team. Die Gedanken hinter den gestalterischen Entscheidungen werden im folgenden Artikel dargestellt. Gegliedert sind sie entsprechend der, das Projekt prägenden, Begriffe.

bescheiden
Immer mehr widerstrebt mir Design, das verschwenderisch mit Ressourcen umgeht, eitel und angeberisch daherkommt, der sozialen Abgrenzung dient oder Falsches vorgibt. Einfache Lösungen, das Erfüllen der geforderten Funktionen, gleichzeitig ästhetisch ansprechend und leichtfüßig, vielleicht sogar ein wenig poetisch zu sein, sind Eckpfeiler an denen ich mich orientiere. Nicht nur bei diesem Auftrag. Diesen simplen Ansprüchen Genüge zu tun, ist eine Herausforderung die mich spüren lässt, wie schwer es ist, gute Designlösungen zu finden. Das macht bescheiden, denn um ehrlich zu sein: ich bin selten mit dem zufrieden, was ich entwickle. Immer wieder bleiben mein Blick und meine Gedanken an all dem hängen, was unter dem einen oder anderen Blickwinkel nicht perfekt funktioniert: gestalterisch oder in der Anwendung, aus ökologischen Gründen, oder aus sozialen …

Umso mehr Achtung habe ich vor den seltenen, langlebigen Produkten oder Lösungen und den bedächtigen DesignerInnen, denen dies hier und da gelingt oder gelungen ist. Seltene Fälle, getragen fast immer von sorgsamer Überlegung, viel Wissen und Geduld in der Umsetzung.

einladend

Wir verstanden es als unsere Aufgabe einen Raum zu gestalten in dem Menschen sich wohl fühlen, nicht einen der – bereinigt von allen störenden Zeichen menschlicher Interaktion – in einem coolen Magazin abgebildet wird. An diesem Ort gerne aufhalten sollten sich Personen, die in das Caritas Gebäude kommen um zu arbeiten, Menschen die verängstigt und schüchtern eine Frage oder ein Anliegen haben, aber auch KundInnen, die das Paulinum aufsuchen, um etwas einzukaufen oder BesucherInnen die auf einen Café oder zu einer Besprechung kommen.

günstig
Eine Institution die Spendengelder für Bedürftige sammelt, muss darauf achten nicht in Verruf zu geraten, weil sie für sich selbst zu viel ausgibt. So musste nach Designlösungen gesucht werden, die günstig sind. Aber nicht nur die tatsächlichen Kosten spielten eine Rolle. Die Dinge sollten in ihrer Anmutung auch nicht so wirken, als seien sie teuer. Gleichzeitig sollten sie auch nicht billig aussehen und tatsächlich so gut in der Verarbeitung sein, dass ein längerfristiger Einsatz – auch unter rauen Bedingungen – möglich ist. Und sie sollten nicht nur in der Produktion kostengünstig sein, sondern auch in der Wartung bzw. Nutzung. Ein Türschild beispielsweise muss ausgewechselt werden können, ohne dass jedesmal ein/e GrafikerIn für die Gestaltung und eine Firma für den Druck benötigt wird. So wurde eine Lösung entwickelt bei der ein normales Blatt Papier, ausgedruckt auf einem A4-Drucker, ausgewechselt werden kann, wenn ein/e neuer MitarbeiterIn dazukommt oder in einen anderen Raum übersiedelt. Damit allerdings kein ästhetischer Wildwuchs entsteht, wurde eine grafische Vorlage erstellt und angeregt, dass das Auswechseln immer von derselben, eingeschulten Person ausgeführt wird.

freundlich
Eine sehr spezielle Herausforderung stellte der Anspruch dar, so zu gestalten, dass der Shop von designaffinen, finanziell gut gestellten und urbanen Personen aufgesucht wird, aber gleichzeitig nicht durch cooles Design wenig zahlungskräftige Menschen, vielleicht mit Migrationshintergrund, verschreckt, die einfach eine billige Jean kaufen wollen und sich nie in ein zu stylisches Geschäft zu gehen trauen. Diesem Anspruch wurde versucht gerecht zu werden, in dem der Shop in verschiedene Bereiche gegliedert ist, zwei verschiedene Eingänge hat und zwar eine außergewöhnliche Gesamtanmutung aufweist, aber bewusst freundlich gestaltet ist. Die Mischung von Altem und Neuem ist dabei etwas, was bei den verschiedenen Zielgruppen gut ankommt. Aber natürlich tragen auch der warme dunkle Rotton der Wand, die braune Farbe der gebrauchten Möbelstücke und die Lampen mit ihrem warmen Licht und der etwas altmodischen Anmutung dazu bei.

Ein besonderes Augenmerk wurde in dem gesamten Gebäude auf die Akustik gelegt. Über eine kluge Auswahl von Materialien ist es Christian Egger von eep gelungen auf völlig unauffälliger Art und Weise schallschluckende und gleichzeitig günstige Materialien zu verbauen, wie beispielsweise Heraklitplatten für die Decken oder Lochpaneele als Trennwände im Bereich der Großraumbüros. All diese kleinen Maßnahmen hatten zum Ziel, dass sich in diesem Haus die Menschen auf Augenhöhe begegnen: die MitarbeiterInnen der Caritas, die KlientInnen und die beteiligen DesignerInnen, die jede arrogante Haltung zu vermeiden suchten und die Wünsche der NutzerInnen respektierten.

kommunikativ
Bereits in der Konzeptphase erschien uns ein angenehmes Café mit Bedienung, als Zentrum und Drehscheibe der Kommunikation, äußerst wichtig. Es war wohl der am schwierigsten umzusetzende Bereich, vertraten doch alle Fachleute die Meinung, dass der Raum zu klein und die erwarteten BesucherInnen zu wenig sein, um ein Café gewinnbringend zu betreiben. Immer wieder wurde vorgeschlagen, dass ein Kaffee- und Getränkeautomat im Foyer doch reichen würden. Die Hartnäckigkeit im Beharren auf einem echten Café hat sich bezahlt gemacht. Nun stellt es tatsächlich einen wichtigen Treffpunkt dar und es finden viele interne Besprechungen dort und nicht in den schönen Besprechungsräumen statt. Manchmal wird das Café sogar von externen VeranstalterInnen angemietet.

Mit etwas Verspätung, erst 2015/2016, in Angriff genommen wird die von Anfang an konzipierte Bespielung des Foyers mit Wechselausstellungen zu sozial- und entwicklungspolitischen Themen oder zur Vorstellung interessanter Initiativen. In Ergänzung zu Schwerpunktthemen auch im Angebot des Carla&Paul Shops hoffen wir, dass dies im laufenden Jahr eine gewisse Eigendynamik entwickelt und es über die Veranstaltungen auch zu einer Erhöhung des Bekanntheitsgrades und der Kundenfrequenz kommt.

barrierefrei
Wertschätzender Umgang bedeutet gerade auch in einem Haus wie der Caritas, das Mitdenken aller erdenklichen Einschränkungen. Wenn man versucht barrierearm zu gestalten – das Wort barrierefrei meide ich, da es unbegrenzt viele Beeinträchtigungen und Kombinationen gibt – so gilt es vielerlei sich widersprechende Auflagen zu erfüllen. Wenn z. B. im Sinne der RollstuhlfahrerInnen alles ohne Bodenschwellen und unterfahrbar geplant wird, so widerspricht das den Wünschen der Blinden, die überall ertastbare Kanten wollen und ein Pult, von dem sie spüren wo die Wände des Möbelstückes sind. Werden bei einem Leitsystem Beschriftungen in verschiedener Höhe, in verschiedenen Sprachen, haptisch und akustisch wahrnehmbar gefertigt, wurden zwar vorbildlich alle Kriterien erfüllt, aber eine Situation geschaffen in der sich auch ein durchschnittlich intelligenter Mensch nicht mehr zurecht findet. Also: Mut zur Reduktion und zur Prioritätensetzung, zurück zum einfachen Menschenverstand und zum lösungsorientierten Arbeiten im Sinne von möglichst Vielen. Denn ganz allgemein: Lobbyismus und Klientelpolitik sind eine der Ursachen von vielen aktuellen Problemen …

Das Ernst nehmen der Bedürfnisse von Blinden, Gehörlosen, Menschen die unsere Sprache nicht so gut beherrschen, die erschöpft sind, stressbedingt vergesslich oder krankheitsbedingt mit kognitiven Einschränkungen zu kämpfen haben, kann auch zu einfachen und klaren Lösungen führen, die fast Allen zugutekommen. Ich habe lange Zeit für das Wallfahrtheiligtum Mariazell gearbeitet und dort mitbekommen, wie ähnlich die Bedürfnisse müder Menschen mit Blasen an den Füßen, von Müttern mit kleinen Kindern, von (eher seltenen) RollstuhlfahrerInnen und beispielsweise MitarbeiterInnen mit einem Paket am Arm sind: Sie alle freuen sich über eine Rampe oder einen Lift, selbst dann, wenn er aus baulichen Gegebenheiten nicht ganz so groß ist, wie es die Norm vorsieht, während der Treppenlift vermutlich nur in der Wohnung eines/er Betroffenen verwendet wird …

Jenseits dieser einleitenden Gedanken war es selbstverständlich, weitest möglich den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen entgegenzukommen. Dass alle Bereiche mit Lift und Rampen erreichbar sind, ist selbstverständlich und dass bei Beschriftungen auf ausreichend Kontrast und Größe geachtet wurde, ebenfalls. Im Sinne der besseren Orientierung im Raum wurde aber auch auf ausreichend Farb- und Helligkeitskontrast zwischen Wand- und Bodenfarbe geachtet, keine spiegelnden Materialien eingesetzt und auf tastbare Profile rund um Türen und entlang des Bodens geachtet. Zwar wurde das Gebäude nicht durchgängig für Blinde beschriftet, aber zumindest im Foyerbereich ein tastbarer Grundriss in Brailleschrift angebracht. An zentralen Handläufen wurden zusätzlich Plaketten in Braille und in haptischer und lesbarer Pyramidenschrift befestigt. Die Auflagen, der während der Planungsphase eingeführten ÖNORM B 1600b betreffend barrierefreiem Bauen, führten zu einigen Nachbesserungen im Bereich der Beklebungen von Glastüren, muss diese doch nun in unterschiedlicher Höhe und in unterschiedlichen Farben ausgeführt werden.

respektvoll
In einer Institution wie der Caritas, ist ein respektvoller und wertschätzender Umgang mit Menschen in allen erdenklichen Lebenssituationen und in einem sehr umfassenden Sinn gefordert. Das ist nicht immer einfach, aber wichtig und gut. Aber als ausgebildete Restauratorin weiß ich auch über die Gewalttaten an Dingen Bescheid, an Dingen in die viele Stunden aufwändigster Handarbeit investiert wurden, liebevolle Zuwendung, gestalterische Überlegungen und Wissen um Techniken, die wir heute kaum mehr beherrschen. Da finde ich es dann nicht mehr so lustig, wenn modische DesignerInnen mit dem Schwingschleifer in aufwändig lackierte oder polierte Oberflächen schleifen oder alte Bausubstanz einfach abgerissen wird. Befremdlich ist es auch, wenn zwar altes Zeug möglichst schnell entsorgt wird, aber dann in China erzeugte gefakte Altwaren in sogenannten Vintage Designershops verkauft werden.

So wollte ich, in großer Hochachtung vor der Qualität alter Möbelstücke, diese so wenig wie möglich beschädigen. Aber natürlich: ganz unverändert konnten sie auch nicht verwendet werden, um Aufenthaltsräume zu gestalten und den Shop einzurichten. Dies unter anderem auch weil es unter den relativ hochwertigen Möbeln, die heute in diversen Carla Sammelstellen anfallen, besonders viele alte Schlafzimmer sind, in denen zu wohnen der nächsten Generation wohl besonders schwerfallen dürfte.

So versuchten wir Schrauben zu lösen, Laden und Türen zu entfernen und die Dinge möglichst zerstörungsarm zu dekonstruieren, umzudrehen und in verschiedenen neuen Konstellationen miteinander zu verbinden. Auch wenn es vermutlich nicht dazu kommen wird: der theoretische Anspruch war, die Dinge so zu zerlegen, dass eine künftige Generation – die darüber wieder anders denkt – die Maßnahme wieder rückführen kann.

Diese Überlegung zog nach sich, dass auch die wunderbar gestalteten Oberflächen nicht überlackiert, abgeschliffen oder abgelaugt wurden. Um den Dingen trotzdem eine etwas aktuellere Anmutung zu geben, wurden die Möbel mit Stencils versehen, also Schablonierungen wie sie in der Streetart geläufig sind. So wurde nur ein kleiner Prozentsatz der Oberfläche abgedeckt, es erfolgte aber eine gestalterisch wahrnehmbare Veränderung und ästhetische Umdeutung der bürgerlichen Einrichtungsgegenstände. Technisch wurden die Stencils so ausgeführt, dass sich die mit dem Luftpinsel aufgesprühte Kunstharzschicht ablösen lässt, ohne ältere Beschichtungssysteme allzu sehr in Mitleidenschaft zu ziehen.

integrativ
Umgesetzt wurden die Restaurierung der Möbel, die Dekonstruktion, das Neuzusammenbauen, aber auch das Aufbringen der Stencils durch sozioökonomische Betriebe im Umfeld der Caritas. Offline, ein Projekt in dem suchtkranke Erwachsene Beschäftigung und Tagesstruktur finden, übernahm das Aufbringen der Stencils, das Carla Beschäftigungsprojekt Werk-Start für Lehrlinge, die Arbeit an den Möbeln.

Die Beschaffung der alten Möbelstücke erfolgte über die Carla-Sammelstellen, welche für die Shopgestaltung immer wieder passende Möbelstücke zur Seite stellten. Aber auch im Warenangebot des Carla & Paul Shops werden ethische Kriterien rigide eingehalten: entweder es werden gebrauchte Waren von Caritas Sammlungen angeboten, oder aber hochwertige Designerwaren aus regionalen oder internationalen Beschäftigungsprojekten. Nachhaltigkeit, soziale und ökologische Aspekte werden in jedem Bereich hinterfragt.

multikulturell
Vor allem wegen der bestechenden, gestalterischen Qualität und der Farbenpracht westafrikanischer Wachsprints, aber auch wegen der multikulturellen Konnotation, wurden alle abgelebten Textilbespannungen an Möbelstücken durch bunte afrikanische Stoffe ersetzt. Aus Kostengründen, der geringen Stärke der Baumwollstoffe wegen, aber auch in Hinblick auf den erwähnten respektvollen Umgang mit alter Substanz, wurde über die bestehenden Stoffe übertapeziert. Das hat sich auch im Rückblick (zwei Jahre nach der Eröffnung) sehr gut bewährt. Und die Kombination von z. B. schweren, altdeutschen Möbeln mit buntfarbigen afrikanischen Stoffen, stellte ein charmantes und visuell positives Beispiel von Integration dar.

berührend
Hinsichtlich des Motivs für die Stencils entschieden wir uns für Hände, stehen diese doch für Mitanpacken, die Hand reichen und Berührung. Die künstlerische Umsetzung und die Fertigung der verschiedenen Schablonen übernahm der Grazer Künstler Max Gansberger.

Für die Wandgestaltung im Geschäft wurde das Handmotiv weiterentwickelt und formierte sich zu den Handzeichen der Gehörlosen in Gebärdensprache. Den entsprechenden Satz steuerte Grafikdesigner und Literat Herms Fritz bei: „Schön dass du mich verstehst."

humorvoll
Das Prinzip der Dekonstruktion wurde auch für die Beleuchtungskörper angewandt. Alte Lampen wurden gesammelt, zerlegt und in neuer Form kombiniert. Da für den Shop größere Luster benötigt wurden, als sie üblicherweise in Privathaushalten zu finden sind, ließen wir zwei oder mehr Luster ineinander dringen. Diese auch elektrotechnisch anspruchsvolle Arbeit konnte nicht von den Beschäftigungsprojekten ausgeführt werden, sondern wurde dem Künstler Akbar Brandner übertragen.

sich einfügend
Die enge und kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen DesignerInnen, Architekten und Geschäftsführung hatte zum Ziel, die Bestandteile aufeinander abzustimmen. Ein besonderes Anliegen war uns dabei auf bauliche Besonderheiten der Gebäude einzugehen und diese als formale Gestaltungselemente aber auch hinsichtlich der Farbwahl aufzugreifen. Das sich harmonisch Einfügen und dadurch einen freundlich, gelassenen Gesamteindruck zu erreichen, beinhaltete zahlreiche Bemusterungsvorgänge vor Ort, aber auch das Aufgreifen charakteristischer Gestaltungsmerkmale, wie beispielsweise das Aufgreifen des Fliesendekors des alten Klinkerbodens im Marianum.

aufgeräumt
Ein Grundprinzip funktionierender Orientierungssysteme ist „So wenig wie möglich, so viel wie notwendig." Und so wurden alle erforderlichen Informationen klar und hierarchisch von außen nach innen d. h. vom Straßenhinweisschild „zur Caritas", über die Wegweiser zu den einzelnen Abteilungen, bis zum Türschild gegliedert.

Farben, Icons und andere Bestandteile des Corporate Designs wurden dabei durchgängig in derselben Weise eingesetzt. Eine spezifische Herausforderung war dabei bestehenden Wildwuchs einzudämmen und immer wieder aufzuräumen, d. h. aufgeklebte Zettel, Dekorationselemente und Plakate zu entfernen. In vielen Bereichen wurde im Zuge des Umzuges auf eine neue, einheitliche Gestaltung von der Pinnwand bis zur Poster-Rahmung geachtet.

klar
Im Sinne einer einfachen Kommunikation auch mit Menschen, die mit der deutschen Sprache (noch) nicht vertraut sind, wurden durch Stefanie Schöffmann und ihr Team von Look Design für alle Bereiche einfach verständliche Icons entwickelt und den verschiedenen Bereichen der Caritas Farben zugeordnet. Dies verbessert die Memorierbarkeit und schafft Ordnung und Übersicht zwischen den sehr zahlreichen Angeboten.

bunt
Bei der Auswahl der Farben wurde darauf geachtet, dass sie sich untereinander ausreichend unterscheiden, aber auch dass sie verbal leicht benannt werden können („Folgen Sie der roten Markierung"), gleichzeitig sollten sie mit den Farben des Gebäudes harmonieren und in die CI der Caritas passen. Teilweise gab es aber auch Hinweise der Zuständigen, wie beispielsweise dass für medizinische Belange auf keinen Fall Rot eingesetzt werden darf. Unser Anspruch war noch, dass die Farben nach Möglichkeit auch intuitiv den Bereichen zuordenbar sind: blau – Bildung, rot  – Soziales etc. Als alle Farben nach vielen Zwischenkorrekturen und Absprachen mit Auftraggeber und BereichsleiterInnen endlich fixiert waren, wurden wir mit dem Einwand konfrontiert, dass dies nun aber nicht mehr dem beschlossenen Corporate Design der Caritas entspricht, in dem nur ein genormter Schwarz-, Weiß- und Rotton zulässig sind. Schlussendlich erfolgte im Bereich des Leitsystems eine Aufweichung der rigiden Kriterien im Sinne der besseren Orientierung für Alle.

wiedererkennbar
Im Headquarter der Caritas, im Paulinum, verteilen sich die Abteilungen auf zwei Hauptgebäude: einen renovierten Altbau und einen durch eep Architekten geplanten Neubau. Um intuitiv leicht erfassbar zu machen, welcher Bereich in welchem Gebäude zu finden ist, wurde zusätzlich mit den unterschiedlichen Gebäudesilhouetten gearbeitet und diese sowohl auf den Türschildern, als auch auf den großen Orientierungstafeln eingesetzt.

verständlich
Zu den Bemühungen um Einfachheit gehört auch eine einfach verständliche Sprache ohne kryptische Abkürzungen, zu Wortungetümen zusammengesetzten Substantiven, Fachbegriffe oder Aneinanderreihungen von schwer verständlichen Hauptwörtern – Dinge zu denen über Jahrzehnte gewachsene Institutionen in besonderem Maße neigen. Und so hatte ich auch noch nach zwei Jahren Arbeit für die Caritas manchmal Schwierigkeiten, die Funktion mancher Abteilungen zu verstehen. Derartige Begrifflichkeiten zu verändern, ist in Organisationen mit relativ selbstständigen Bereichen und komplexen Entscheidungsstrukturen natürlich sehr schwierig. Ein paar Vereinfachungen haben sich schlussendlich in Folge langer Diskussionsprozesse umsetzen lassen, in anderen Bereichen kam es innerhalb des Gestalterteams in einem schleichenden Prozess dazu, dass auch wir uns an gewisse Begriffe gewöhnten und somit zu einem Verlust an kritischer Distanz.

übersichtlich
Wo die Vereinfachung sehr erfolgreich gelang, ist in der Datenaufbereitung verschiedener Eckdaten zu humanitären Problemzonen auf der Erde und dem Tätigkeitsspektrum der Caritas. Umgesetzt wurde dies von Studierenden des Masters CMI der FH JOANNEUM unter der Leitung von Studiengangsleiter Seppo Gründler. Durch anschauliche und unterhaltsame Informationsgrafiken und auf wenige Beispiele heruntergebrochene Zahlen, wurde ein informativer Blickfang geschaffen, der die Verweildauer im Foyer erhöht oder die Wartezeit verkürzt. Auf alten Monitoren laufen autoaktiv die Visuals, eingebaut wurden sie in alte Möbelstückassemblagen aus Carla-Sammelstellen.

einfach
Die Recherche betreffend lieferbarer Türschilder, führte zu dem Entschluss, etwas Neues zu entwickeln: ein Schild das völlig werkzeugfrei und unkompliziert ausgetauscht werden kann, dem man das aber nicht ansieht. Es besteht aus einer Rückwand aus Acrylglas mit eingefrästen Magneten, einem Einschubblatt mit den Namen und Funktionen der jeweiligen NutzerInnen und einer Deckplatte, ebenfalls aus Acrylglas und mit verdeckt eingefrästen Magneten, aber auch einem bedruckten Streifen in der Bereichsfarbe, mit dem Icon und der Raumnummer.

Diese Art der Montage wurde anschließend für weitere Bereiche adaptiert: von der Fahrradordnung bis zur Beschriftung der Feuerlöscher mit einschiebbaren Fluchtwegsplänen. Im Sinne einer durchgängigen Gestaltung, wurden schlussendlich auch Aufkleber für sämtliche Mülltrennsysteme der Caritas neu gestaltet.

wertschätzend
Last but not least sei noch die Wichtigkeit der Wertschätzung für MitarbeiterInnen erwähnt, die Identifikation mit dem eigenen Unternehmen und das Namen und Funktionen auch mit Gesichtern zu verbinden. Und so finden sich alle Beschäftigten professionell fotografiert mit der Bezeichnung ihrer Tätigkeitsbereiche jeweils auf einer Wand im Eingangsbereich. Um durch Fluktuationen keine Lücken entstehen zu lassen und Platz zu schaffen für neue MitarbeiterInnen, wurden die Bilder locker angeordnet. Die Ausführung dieses Bereiches übernahm Kathleen Grüner, die auch ihre Masterarbeit dem Thema der Gestaltung öffentlicher Räume von NGOs widmete.

ausufernd
Während an der großen Baustelle Paulinum geplant und gebaut wurde, erfolgten auch andere Übersiedlungen wichtiger Abteilungen der Caritas, wie das Marianum mit ärztlicher Versorgung für Obdachlose, Flüchtlingsberatung und Kursangeboten wie „Deutsch+Gastro“. Auch für diese Gebäude wurde in derselben Weise ein neues Leit- und Orientierungssystem geplant und umgesetzt. Weitere Gebäude wie die Notschlafstelle „Arche 38“ und aktuell das „Haus Clara“ und das „Haus Elisabeth“ als betreute Wohneinheiten für Frauen und Kinder, mit und ohne Migrationshintergrund kamen dazu.

 

Dipl. Restauratorin



Atelier für:

Restaurierung von Gemälden, Tafelbildern,
gefassten Holzskulpturen, Zierrahmen und Vergoldungen

Konservatorische Gutachten und Befundungen, Objektmontage und Ausstellungsaufbau

Ausstellungsgestaltung, Museumsgestaltung, künstlerische Installationen
RESTAURIERUNGEN KUNSTPROJEKTE AUSSTELLUNGSGESTALTUNG RESTAURIERUNGEN